Kulturjournal

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Betreff Re: Günter Grass: Was gesagt werden muss
Autor Fritz Reutemann
Datum 24.04.2012 19:48
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Es ist zweifellos richtig, dass Israel ein gewachsenes Potential an Atomwaffen zur Verfügung hat, das einer internationalen Kontrolle bisher nicht zugänglich war. Im Iran vermutet man, dass an einer Atombombe gebaut wird. Beide Staaten rasseln in regelmäßigen Abständen gern mal mit den Säbeln, was der gesamten Gegend des Nahen Ostens eher abträglich ist. Dass Günter Grass diese Umstände aufgreift und in einem lyrischen Prosagedicht mit seiner ihm eigenen Wortgewandtheit verarbeitet, darf ihm nicht als Antisemitismus angekreidet werden. Hinzu kommt noch, dass die deutsche Regierung unter Angela Merkel ein weiteres U-Boot an Israel ausliefern wird, in eine politisch äußerst instabile Region, wie wir alle wissen. Dieses U-Boot, „dessen Spezialität darin besteht, alles vernichtende Sprengköpfe dorthin lenken zu können, wo die Existenz einer einzigen Atombombe unbewiesen ist“, wie Günter Grass in seinem Gedicht schreibt. Es ist eine Tatsache, an der man nicht vorbei diskutieren sollte, Vergessen sollte man auch nicht die 270 Leoparden, die mittels der deutschen Regierung an Saudi Arabien, in ein Land, in dem die Scharia brutal praktiziert wird, verdealt werden sollen. Für die deutschen Rüstungskonzerne - ein Milliardengeschäft. Die Motoren dieser Panzer kommen übrigens von der MTU in Friedrichshafen am Bodensee. Um auf die beiden Kontrahenten Israel und Iran zurückzukommen ist eines klar, dass der Fascho-Islamist Achmadinedschad die Israelis am liebsten ins Mittelmeer jagen würde und er dies auch so mehrmals gesagt hat. Solche Äußerungen sind für mich klar antisemitisch und haben absolut nichts in einer politischen Auseinandersetzung zu suchen. Andererseits hat sich Netanjahu mit seinen Drohungen gegenüber dem Iran auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert und seine aggressive Siedlungspolitik im Westjordanland ist völkerrechtlich mehr als fragwürdig. Dass Günter Grass zu diesen Tatsachen nicht schweigen will, ist mutig und hat nichts mit einem, wie auch immer gearteten „gebildeten Antisemitismus“ zu schaffen. Dass diese Region „vom Wahn okkupiert“ ist, zeigt der menschenverachtende Völkermord am eigenen Volk des Brutalstmachthabers Assad in Syrien. Es ist natürlich immer eine etwas kitzlige Angelegenheit – sich, wie auch immer, gegen eine rechtskonservative Regierung Israels zu stellen für einen deutschen Literaturnobelpreisträger. Der Titel des Gedichtes, „WAS GESAGT WERDEN MUSS“; hat vielleicht einen etwas apodiktischen Tonfall, macht aber aufmerksam, was der Diskussion auf keinen Fall schadet, die aber nicht mit Argumenten des Antisemitismus geführt werden sollten. Ich kann jedenfalls in diesem Gedicht nichts Antisemitisches entdecken, das „mit letzter Tinte“ geschrieben ist. Seine Befürchtungen, dass die Atommacht Israel sowie der Iran „den ohnehin brüchigen Weltfrieden“ gefährden sind durchaus real. Dass die deutsche Merkelregierung durch die U-Boot-Lieferung das Gefährdungspo-tential in dieser Region erheblich erhöhen, ist ebenso Tatsache, wie auch verwerflich.

© Fritz Reutemann, Poet aus Lindau, 2. Sprecher des Verbandes Deutscher Schriftsteller (VS) der Region Schwaben in Bayern

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